Die Bau-Party ist zu Ende. - Oder doch nicht?
Einfacht ausgedrückt: Für eine Zeitspanne von sechs Jahren konnte Bauland ohne die seit 2000 vorgeschriebenen Ausgleichsflächen entwickelt werden. Das neue Bauland durfte nicht gröVerßer als 10 000 m2 sein undmusste sich an bebaute Ortsteile anfügte. Neues Bauland auf der grünen Wiese wurde wie Innenbebauung behandelt. Der Genehmigungsvorgang war stark vereinfacht. Das Ziel dieser zeitlich befristeten Gesetzesergänzung war die beschleunigte Beschaffung von bezahlbarem Wohnraum. Bezahlbar, wohlgemerkt.
Allerdings, diese sechs Jahre waren eine weitgehende Fehlkalkulation. Das Prinzip „Innen- vor Außenentwicklung“ wurde auf den Kopf gestellt. Die Folge war ein ungehemmter Flächenfraß, den der Bund Naturschutz und viele andere Naturschutzverbände seit mindestens zwanzig Jahren leidenschaftlich bekämpfen. Mit dem begrenzten Boden muss sorgsam umgegangen werden, heißt es im Gesetz, das viele Politiker allerdings nur verbal beschwören.
In der Gemeinde Pettendorf gibt es zurzeit in den alten Ortskernen noch über hundert Lücken, Leerstände und Ruinen, die zu Großteil bebaubar wären, wenn sich der Bürgermeister und die Verwaltung mehr Mühe bei der Requirierung vom Bauland in den Ortsteilen gäben, beobachtet die BN-Ortsgruppe. Stattdessen wurde mit dem Paragrafen 13b in den letzten Jahren rasant neues Bauland entwickelt. Allerdings, durch teure und schicke Häuschen auf der grünen Wiese schafft man nicht den dringend notwendigen, nachhaltigen und günstigen Wohnraum.
Die Folge war ein Bauland-Boom in Pettendorf, der die zukünftige statistische Bevölkerungsentwicklung völlig außeracht lies (siehe Pettendorf aktuell Februar 2023. Seit 29). Es entstanden praktisch gleichzeitig sieben neue, inzwischen baureife Baugebiete. Das sind – wie ein Mitglied der BN-Ortsgruppe herausfand – über 100 Parzellen, die für die nächsten zwanzig Jahre in Pettendorf reichen werden.
Und die Bauland-Party ist noch nicht zu Ende.
Im Mai 2022 haben Pettendorfer Wähler nach einem Ratsbegehren und einem nachfolgenden Bürgerentscheid mit hoher Wahlbeteiligung ein weiteres geplantes Baugebiet für mindestens 40 Parzellen am Nordrand von Reifenthal abgelehnt. Ein Bürgerentscheid, der ein Projekt ablehnt, das durch ein Ratsbegehren nur noch zu bestätigen war, ist für den Initiator des Bürgerentscheids eine besondere Peinlichkeit.
Die Bayerische Gemeindeordnung beendet die Gültigkeit eines Bürgerentscheids nach einem Jahr. Es liegt also allein am Bürgermeister und an einer Mehrheit im Gemeinderat, ob er die deutliche Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger vor einem Jahr weiterhin respektiert. Ein Wiederbeleben des Baugebietes nach dem 22. Mai 2023 mit weiteren etwa 40 Bauparzellen wäre nicht nur umweltpolitisch unvertretbar, sondern auch gegen jeden Respekt und Anstand gegenüber den Bürgerinnen und Bürger. Das Vertrauen der Wähler in das Amt des Bürgermeisters und in eine Mehrheit im Gemeinderat wäre nachhaltig erschüttern.
Rainer Brunner