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Die Bauern demonstrieren gegen längst fällige Reformen

In der zweiten und dritten Januarwoche gingen die Bauern, angeblich in ganz Deutschland, im großen Stil mit ihren Traktoren auf die Straßen.

Die Pressestelle des BN in Bayern zeigte anfangs Verständnis für den Ärger und die Wut der bayerischen Bauern, zumal sie viel eher die Benachteiligten einer von Lobbisten extrem beeinflussten Agrarpolitik sind.

21.01.2024

Außerdem gibt es wesentlich größere klimaschädliche Subventionen im Bundeshaushalt, die auch schon lange im Gespräch sind. Zum Beispiel das Dienstwagenprivileg, das 1,8 Milliarden Euro einsparen würde, statt der 0,44 Milliarden bei den Subventionen für den Agrardiesel.

Bei dem schrittweisen Abbau der Dieselsubvention handelt es sich um den unerlässlichen Abbau von klimaschädlichen Subventionen. Sie verhindern unmittelbar alternative Antriebe in der mobilen Landwirtschaft, wie Elektroantrieb oder Pflanzenölantrieb. Diese Energieformen könnten Landwirte selbst auf ihren Flächen erzeugen, als PV-Anlage mit Wallbox oder als Biogasanlage. Selbst für sich sorgen zu können – das muss eine Landwirtin oder einen Landwirt doch auch stolz machen.

In den Bereichen Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft ist besonders viel zu tun, um die Klimaziele zu erreichen. Der Wegfall der Dieselbegünstigungen macht bei einem durchschnittlichen Familienbetrieb mit 50 Hektar (Bayern ist deutlich darunter) circa 1.200 € pro Betrieb aus. Wenn dieser Betrag zur Existenzgefährdung beiträgt, wie beispielsweise die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber behauptet, dann muss irgendwo anders im Betrieb gehörig etwas falsch gelaufen sein, zumal zumindest in den vergangenen Jahren, die für die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland sogar Rekordjahre waren, weil die Preise deutlich stärker anstiegen als die Erzeugungskosten.

Die Ursache für die Heftigkeit der Proteste liegt daher woanders:

Es hat sich nach einer seit 30 Jahren verfehlten Agrarpolitik des „Wachse oder Weiche“ viel aufgestaut. Die durchschnittliche Betriebsgröße in Deutschland ist 63 Hektar. In den ostdeutschen Bundesländern ist sie wesentlich größer und dort wird die Agrarpolitik gemacht. Dort hat man auch seltsamerweise von Bauerndemos nichts gehört. Die bewirtschaftete Fläche pro Betrieb reicht dort von 138 Hektar in Sachsen-Anhalt bis 281 Hektar in Mecklenburg-Vorpommern (2020, Quelle Bundesministerium für Landwirtschaft und ..).
Das "Landgrabbing" nimmt immer mehr zu. Der Preis für Ackerland stieg in Bayern von 2010 bis 2020 um 147 Prozent. Kleine Betriebe kommen unter die Räder (Quelle: Bodenatlas 2022)
In Bayern gibt es zurzeit 81 560 landwirtschaftliche Betriebe. Die durchschnittliche Betriebsgroße in Bayern liegt bei 38 Hektar (Quelle Statistisches Landesamt). Der Freistaat ist bei dieser Betriebsgröße absolutes Schlusslicht in Deutschland. Warum gibt es keinen Verband für diese kleineren Betriebe?

Es gibt ihn, zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), oder die Bioverbände. Betriebe mit einer landwirtschaftlichen Fläche von weniger als 5 Hektar bezeichnet man als „Kleinbetriebe“.67 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in der EU gehören in diese Kategorie. Welch eine ungenutzte politische Macht.

Mit ihren markigen Worten sind die Bauernpräsidenten eigennützige Akteure. Joachim Rukwied zum Beispiel bewirtschaftet über 350 Hektar landwirtschaftliche Fläche und erhält jährlich über 100 000 Euro Subventionen (Quelle Wikipedia). Im Bereich der industriellen Landwirtschaft gibt es – wie dargestellt - noch viel größere Betriebe. Es ist daher sehr fraglich, ob der Deutsche Bauernverband wirklich die Interessen der kleinen Landwirte und der Bauernfamilien vertritt.

Der Bund-Naturschutz setzt sich seit Jahrzehnten für die Rettung der bäuerlichen Landwirtschaft ein, der Familienbetriebe der kleineren Bauern, weil Dumpingpreise des Handels und eine verfehlte Agrarpolitik mit Milliardensubventionen nach Betriebsgröße die Bäuerinnen und Bauern unter Druck setzen: Wachse oder Weiche.

EU-Subventionen müssen gerechter verteilt werden, um nicht länger über Flächenprämien Großbetriebe überproportional zu fördern.
Rainer Brunner (Januar 2024)